Im Homeschooling greifen derzeit viele auf Zoom für Videokonferenzen zurück - Welche Alternativen gibt es?

Coronabedingt findet derzeit noch immer viel Unterricht im sogenannten Homeschooling statt. Dabei greifen viele Klassen auf Programme zurück, mit denen sie Videokonferenzen abhalten können, darunter namhafte Anbieter wie Zoom, Skype oder Microsoft Teams. Angesichts der derzeitigen Lage stellen einige Anbieter ihre Services vorübergehend sogar kostenlos zur Verfügung. Doch was können die Anbieter und welche Anbieter kann man in der Schule bedenkenlos verwenden?

Zoom: Zeitlimit, aber viele Gratis-Funktionen

Zoom ist ein us-amerikanischer Anbieter für Videokonferenzen und kommt in der Gratis-Version mit vielen nützlichen Funktionen daher. Zunächst ist das Tool recht leicht bedienbar. Zoom lässt auch die Bildschirmübertragung in der Gratis-Version zu, ermöglicht das Teilen von Dateien im Textchat und bietet ein Whiteboard an, welches bei Bedarf von allen Konferenzteilnehmern beschrieben werden kann. Sollte das Internet einmal nicht funktionieren, ist auch eine Zuwahl per Telefon möglich (Festnetztarif). 

Doch bringt der Anbieter auch negative Aspekte mit sich: Zoom stand bis zuletzt in der Kritik von Datenschützern. Das FBI warnt in den USA sogar vor der Nutzung des Dienstes, wie der Medienkonzern Reuters berichtete (externer Link). Auch wenn die Teilnahme an Meetings grundsätzlich ohne das Eingeben von Schülerdaten möglich ist, stellt sich daher die berechtigte Frage, ob Zoom für den Einsatz in der Schule datenschutzrechtlich unbedenklich ist. Eine Einverständniserklärung des/der Erziehungsberechtigten dürfte daher mit Blick auf die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sinnvoll sein. In Österreich rät das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung von der Nutzung von Zoom an Schulen ab.

Zur Meldung des österreichischen Bildungsministeriums (externer Link)

Eine weitere Schwäche hat das Tool außerdem: In der kostenlosen Version sind Videokonferenzen auf gerade einmal 40 Minuten begrenzt. Das Meeting müsste dann neu gestartet werden. Die Vollversion kostet derzeit 13,99€ im Monat. Der Dienst funktioniert webbasiert oder als App auf den gängigen Betriebssystemen.

Der Klassiker: Skype

Skype ist grundsätzlich für den privaten Gebrauch gedacht und daher als Messenger und nicht als Meeting-Tool konzipiert. Microsoft hat jedoch nichts gegen die betriebliche Verwendung und ermöglicht Videokonferenzen mit bis zu 50 Teilnehmern. Nur der Gastgeber benötigt einen (Microsoft-)Account, Gäste können über einen Link webbasiert oder in der Skype-Anwendung zur Konferenz hinzugefügt werden. Skype ermöglicht Gruppen- und Privatchats und das Versenden von Dateien. Skype bietet Live-Untertitel für Verständnisprobleme an und es ist möglich, seinen Bildschirm mit anderen Teilnehmern zu teilen. Die Konferenz lässt sich mit Skype aufzeichnen und kann später noch einmal angesehen werden. Ein Whiteboard bietet Skype nicht an. Auch das Einwählen mit dem Telefon bei Internetproblemen ist nicht möglich.

Auch Skype ist datenschutzrechtlich für den Gebrauch an Schulen fraglich. Entgegen einer kürzlich erschienenen Pressemeldung gibt es jedoch explizit kein Verbot von Skype an Schulen. Eine Meldung über das Verbot von Skype an Schulen, die in den letzten Tagen kursierte, hat sich als Falschmeldung herausgestellt.

Zur Meldung des Hamburger Datenschutzbeauftragten (externer Link)

Microsoft Teams: Ein Allrounder in Sachen Funktionen

Microsoft Teams gilt als Skype-Nachfolger und die Unternehmensvariante des Microsoft-Dienstes. Aufgrund der derzeitigen Lage um Covid-19 hat Microsoft die Teilnehmerzahl in der Gratisversion vorübergehend unbegrenzt. Bis zu 250 Teilnehmer können an einer Videokonferenz teilnehmen. Generell kostenlos ist die Bildschirmfreigabe, bei der ihr Konferenzteilnehmer euren Bildschirm anzeigen könnt. Auch Einzel- und Gruppengespräche und der Austausch von Dateien sind in der kostenlosen Version inbegriffen. Die kostenpflichtige Version geht mit Microsoft Office 365 einher und bietet zudem eine virtuelle Whiteboard-Funktion. Bei der Nutzung von Microsoft Office 365 gibt jedoch datenschutzrechtliche Bedenken beim Einsatz an Schulen. Der Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit in Hessen hat das Programm für datenschutzrechtlich unzulässig erklärt. Microsoft hostet zwar in deutschen Rechenzentren, da eine Verbindung zu US-Servern besteht, ist jedoch fragwürdig, wer potenziell noch auf die Server zugreifen kann.

Zur Meldung des hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (externer Link)

edudip: Made in Germany

Edudip ist webbasiert und damit ohne Installation sofort startklar. Edudip ist zu 100% deutsch – das heißt, dass die Software in Deutschland entwickelt, betreut und in deutschen Rechenzentren gehosted wird. Das Tool ist damit DSGVO-konform. Edudip kommt mit unbegrenzter Konferenzdauer daher, bietet eine Bildschirmfreigabe an und ermöglicht die Übertragung von Präsentationen, pdf-Dateien und Videos live im Internet. Auch eine eingebaute Umfragen-Funktion und ein Textchat sind inbegriffen.

Das Tool ist jedoch nur für eine Testphase von 14 Tagen kostenlos verfügbar und kostet in der günstigsten Version 34,- Euro pro Monat bei 30 Teilnehmern und zweijähriger Laufzeit.

IServ: viele Funktionen auf dem Schulserver

Auch IServ ist ein deutsches Unternehmen, dessen Software auf den Servern der jeweiligen Schule gehosted wird. Damit IServ datenschutzkonform auf den Servern der Schule installiert werden kann, bringt der Dienst ein Dokumentenpaket als Anleitung mit. IServ geht mit verschiedenen Modulen einher und bietet somit ein Komplettpaket für die Schule: Adressbuch, E-Mails, Messenger und Foren, Klausur-, Stunden- und Vertretungspläne, auch mit optionalem Infobildschirm für Schulen, Klausurmodus für Geräte im Netzwerk, die nur den Zugriff auf einen ausgewählten Ordner gewähren und den Austausch von Dateien sowie den Zugang zum Internet sperren und eine Funktion für Videokonferenzen, inklusive Bildschirmfreigabe und Whiteboard, das von allen Teilnehmern benutzt werden kann. Der Service gibt jedoch in seinem Newsletter an, dass hierfür eine hohe Bandbreite benötigt wird – das Einwählen mit dem Telefon ist nicht möglich.

Die Vielzahl an Funktionen spiegeln sich auch im Preis wieder. Hier gibt es lediglich das Komplettpaket, das in der Grundausstattung 250€ pro Jahr plus mindestens 4,-€ pro Schüler*in der Schule und Jahr (bei Grundschulen, bei weiterführenden Schulen: 5,-€ pro Schüler*in) sowie eine einmalige Einrichtungsgebühr von 500,-€ kostet. Für ein Gymnasium mit 500 Schülerinnen und Schülern wird im ersten Jahr also ein Preis in Höhe von 3250,-€ fällig, es folgen laufende Kosten von 2750,-€ pro Jahr.

Die Tools im direkten Vergleich

Viele der Anbieter bieten – zumindest aktuell – bereits in der kostenlosen Version viele hilfreiche Funktion und eine ausreichende Teilnehmerzahl für das Homeschooling an. Komplette Kollaboration bietet vorallem Microsoft Teams in den Bezahl-Varianten an. Die Gratis-Version von Zoom besticht insbesondere durch ihre Funktionen, störend ist jedoch die Limitierung der Sitzungsdauer auf 40 Minuten. Dafür bietet Zoom eine Telefoneinwahl in der Gratis-Version, die die Teilnahme am Meeting auch ohne stabile Internetverbindung oder internetfähige Geräte ermöglicht.

Insbesondere in puncto Datenschutz werfen viele Anbieter für die Anwendung in der Schule Fragen auf. Edudip und IServ, welche als einzige Anbieter in diesem Vergleich aus Deutschland stammen, bieten jedoch keine dauerhaft kostenfreie Version an und sind in den Vollversionen entsprechend teuer. Insbesondere IServ kommt jedoch mit weiteren nützlichen Services wie Vertretungsplänen und Foren einher.

Die Frage, welcher Anbieter sich daher am besten für das Homeschooling anbietet, lässt sich nicht abschließend beantworten. Funktional belegen Zoom und IServ den ersten Platz, der us-amerikanische Anbieter fiel jedoch in letzter Zeit immer wieder negativ auf, wenn es um Datenschutz geht. Die deutschen Programme, die datenschutzrechtlich unbedenklich zu sein scheinen, schlagen jedoch mit stolzen Preisen zu Buche. Interessant wäre deshalb beispielsweise die Anschaffung von IServ aus Mitteln des DigitalPakts Schule.

Titelbild: tumisu / pixabay.com

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Dieser Beitrag stammt von

Kevin Ruser

Kevin ist ein junger Lehrer für Geographie und Deutsch an Gymnasien und verwendet digitale Medien sehr gern in seinem Unterricht. Seine Examensarbeit schrieb er über sprachbildenden Fachunterricht.

Schreiben

Kevin schreibt seit August 2012 auf seinem eigenen Blog und veröffentlicht wöchentlich neue Artikel zu unterschiedlichen Themen. Seine Bachelorarbeit schrieb Kevin über den Einsatz des Smartphones im Geographieunterricht, seine Masterarbeit über Sprachbildung im Geographieunterricht.

Unterrichten

Der Autor hat die Fächer Geographie und Deutsch für Gymnasien studiert und arbeitet als Vertretungslehrer an einer weiterführenden Schule. Zudem ist er als Nachhilfelehrer in der Online-Nachhilfe tätig.

Kevin Ruser